Alles klar für Crashprozesse

Ob Kleinwagen, Limousine oder SUV: Auf dieser Fahrbahn erwartet alle Kandidaten dasselbe. Und keiner kommt mit heiler Haut davon. Im Sinne größtmöglicher Sicherheit auf der Straße lässt IAV in Großmehring täglich Fahrzeuge führender Automobilhersteller mit bis zu 80 km/h auf einen Betonklotz, auf Deformationselemente oder bewegte Gegenkandidaten los. Ein Signal warnt. Dann kracht es – laut!

Gründliche Vorbereitung: Fabian Pfeifer stattet Versuchsfahrzeuge vor dem Crashtest mit komplexer Messtechnik aus.

Crashs ohne Komfortzone

Für Fabian Pfeifer und Selda Gicir von engineering people ist das seit einem Jahr Alltag. Mehr noch: Sie sorgen dafür, dass das Ganze nicht umsonst war. Stattdessen gehen dank ihres Einsatzes aus jedem Crash wertvolle Erkenntnisse für die Hersteller hervor. Weil es jeweils aufs erste Mal klappen muss, gibt es auch für die beiden keine Komfortzone: „Bei uns ist eigenverantwortliches Arbeiten gefragt“, kommentiert Selda Gicir. Standortleiter Dr. Burkhard Scholz erläutert: „Unsere Crashprozesse verlaufen präzise und kleinteilig. Sie sind wie sehr komplexe Getriebe – die ep Leistung ist ein wichtiger Teil davon!“ Aufgabe von Selda Gicir und Fabian Pfeifer ist es, die entsprechend vorbereiteten Crash-Fahrzeuge mit Messtechnik auszustatten.

Die Vorbereitung

Bevor sie loslegen, werden die Fahrzeuge im geschlossenen Lkw angeliefert, in einer Halle entladen, auf Vollständigkeit der Teile geprüft und kurz in Betrieb genommen, um den Fehlerspeicher auszulesen. in der Werkstatt wird die Verkleidung entfernt, das Team dort verklebt Sensoren zur Messung von Beschleunigung, Kraft, Weg, Spannung, Druck etc. Die Verkleidung wird wieder montiert, die Stecker der Sensoren laufen an einer Stelle zusammen.

Für eine perfekte Trefferlage und präzise Vergleichsmöglichkeiten der Situation vor und nach dem Crash werden Fahrwerk und Geometrie des Fahrzeugs vermessen. Erst nach all diesen Vorbereitungen ist das Fahrzeug reif für die ep Box.

 

Verbindung schaffen

Das ep Team verkabelt die Sensoren mit Datenaufnehmern, die mit einer Schleppkabelbox im Auto verbunden sind. Die Schleppkabelbox bündelt die gesamte Messtechnik: Datenerfassungssysteme, Datenlogger, HV-Messtechnik, Kameratechnik, Trigger-Systeme, etc. Ein beim Versuch mitgeschlepptes Schleppkabel koppelt die Box mit der Anlage im Schleppkabelschrank. Aber zurück zu den Sensoren: Abhängig vom Crash sind es 25 bis 240 – selbstständige und weniger selbstständige. „Die meisten Sensoren besitzen ein ID-Modul und melden ihre Zuständigkeit der Anlage automatisch. Bei den anderen weisen wir die nötigen Informationen in der Software einzeln zu“, berichtet Fabian Pfeifer. Es geht um Steckplatz und Funktion, zum Beispiel: Welche Beschleunigung misst der Sensor, welche Richtung? Zusätzlich werden Zündleitungen mittels Strommesszangen abgegriffen, um zu überprüfen, ob die Airbags ihre Informationen zum richtigen (Zünd-) Zeitpunkt bekommen. Andere Spannungsabgriffe informieren darüber, ob die Spannung im Crash gehalten wird. Ist das Fahrzeug aufgrund eines frühen Entwicklungsstadiums nicht in der Lage, über eigene Steuergeräte zu arbeiten, übernimmt eine Eventbox die Ansteuerung der Rückhaltesysteme.

 

Eine Sache von Millisekunden

Nach der Ausrüstung durch die ep’ler ist das Auto reif für die Bahn. Je nach Testszenario platziert das hier zuständige Team Dummys im Fahrzeug. Sie werden nach Vorgabe temperiert, der Crashpartner wird installiert, die Trefferlage bestimmt. Kameras und Licht werden eingerichtet, es gibt Fotos vor dem Crash. Was nun passiert, ist – wie im richtigen Leben – eine Sache von Millisekunden… nur das Entsetzen bleibt aus. Stattdessen folgt Routine: erneute Fotos, der Download von Filmen und Messdaten, das Messen der Türkraft per Handgerät, das Abwarten des E-Call an die Rettungsleitstelle. Vorgabe ist, dass er nach bis zu einer Stunde nochmals erfolgt; bis dahin muss das Auto unter Spannung sein.

 

Text: Annette Schlenker
Foto: Rampant Pictures
aus dem ep Magazin #22

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